Ein Beitrag von Anne Knapp
Grenzen empfinden viele eher als bedrohlich. Erlauben Sie mir die Frage: wie leben Sie in der VUCA-Welt Ihre gesunden Grenzen und managen das Planbare und das Unplanbare zu Ihrem Wohl? Schadet dies anderen?
These 1: Grenzen können förderlich und stärkend oder blockierend und hemmend sein.
Zwei Seiten einer Medaille: Welche Grenzen helfen Ihnen, sich zu entfalten und freudig oder gar glücklich zu sein? Was oder wer hält Sie davon ab, Dinge zu tun, die Sie »eigentlich« gerne tun würden, aber nie machen? Ich nenne dies Grenzkompetenz. Wenn Sie mehr von den Kraftquellen und weniger von den oft selbst gemachten Stolpersteinen nehmen, was wäre dann?
These 2: Grenzen sind Ordnungssysteme.
Gestern oder morgen, sympathisch oder widerlich… Wir benötigen Ordnungssysteme, damit wir zurechtkommen und uns orientieren können. Grenzen bieten dies. Grenzkompetenz als Schlüsselqualifikation unterstützt Sie, herauszufinden, wie Sie sich individuell bestmöglich platzieren, um sich zu entfalten.
These 3: Grenzen sind verschiebbar.
Was passiert, wenn Sie vermeintliche Grenzen überschreiten? Entwicklung bedeutet Grenzen verschieben. Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass wir alle mit Masken herumlaufen? Als betriebliche Eingliederungsberaterin erlebe ich häufig, wie Gesundheitskompetenz und Unterstützung durch den Betrieb helfen, Arbeitsfähigkeit wieder zu erlangen. Als Frau eines gewalttätigen Borderliners in Brasilien packte ich die Koffer heimlich und ging – mit einem Messer durch den Hals lässt es sich auch in den wunderschönsten Orten der Welt nicht gut leben. In meinen Beratungen für Menschen, die sich von dominanten Partnern oder Vorgesetzten lösen wollen, geht es oft nicht ohne Tränen: Scham, Wut, Angst vor dem Neuen sind genauso vorhanden, wie Erleichterung, Freude und Heilung. Die Grenzkompetenz geht davon aus, dass wir Grenzen reflektiert und achtsam passend verschieben, so dass wir uns gesund entwickeln können.
These 4: Grenzkompetenz ist ein Prozess, der Verantwortung erfordert und Konsequenzen mit sich bringt.
Des einen Freud des anderen Leid. Gesunde Grenzen setzen – bei sich selbst, im Zwischenmenschlichen, im Umgang mit den Mitgeschöpfen und der Natur – bedeutet immer abwägen, entscheiden, Verantwortung übernehmen und Konsequenzen aushalten.
Fazit:
Grenzkompetenz überholt Resilienz in VUCA-Zeiten
Damit wir das Planbare und vor allem das Unplanbare gesund managen, braucht es Grenzkompetenz. Ja, Resilienz ist auch »nett«. Noch besser ist es, wenn wir uns unseren förderlichen und blockierenden Grenzen im Vorfeld bereits bewusst sind und Stressoren nicht einfach nur besser aushalten, sondern den Versuch wagen, uns gegen kranke Systeme zu stellen und neue Wege zu wagen. Grenzkompetenz ist hierfür das mutigere Mittel der Wahl.
Die Autorin:
Anne Knapp Die GrenzAgentin spürt mit ihren Klienten auf, wie sie endlich wieder aufblühen, ohne länger von anderen bevormundet zu werden. Sie ist Dipl. Berufspädagogin (Univ.), betriebliche Eingliederungsberaterin (BEM), Mentorin, Jobcoach. Brasilien ist ihre zweite Heimat.