Reden mit Knalleffekt

Wie Sie rhetorisch einen raushauen, wenn es zählt      

Von der Produktpräsentation über den Expertenvortrag vor Laien bis zur Antrittsrede im neuen Job: Spannend wird Ihre Botschaft erst als Teil einer Geschichte, die sich um die Zuhörer dreht. Vorteilhaft ist, wenn sie ordentlich ‚bumm‘ macht – und zwar vom ersten Satz an. Wie Sie als Redner einen bleibenden Eindruck hinterlassen, zeigt Kommunikationstrainer René Borbonus.

Präsentationstipps vom Waffenhändler

„Ist es besser, gefürchtet oder respektiert zu werden? Ich sage: Ist es zu viel verlangt, beides zu wollen?“

Zugegeben, der perfekte Auftakt für die nächste Mitarbeiterversammlung wäre das nicht. Doch für den konkreten Einsatzzweck, eine Produktpräsentation der anderen Art nämlich, ist dieser gelinde gesagt quergedachte Einstieg geradezu ideal. Warum, zeigt der Rest des Zitats:

„Es heißt die beste Waffe sei die, die man nicht abfeuern muss. Dem widerspreche ich mit allem Respekt: Ich ziehe eine Waffe vor, die man nur einmal abfeuern muss. So hat mein Vater es gehalten, so hat Amerika es gehalten, und das hat bisher doch ganz gut funktioniert.“

Dann macht es bumm, und den versammelten Generälen fliegen von der Druckwelle der Raketendetonation die Mützen vom Kopf. Ein paar Kilometer hinter dem charismatischen Vortragenden, am Horizont einer spektakulären Marslandschaft, wurde gerade eine Gebirgskette pulverisiert. „Auf den Frieden!“, schließt Tony Stark seine Produktpräsentation ab und hebt das Champagnerglas.

Als Kommunikationstrainer ist mir eigentlich unbegreiflich, dass Iron Man nicht längst auch Verkaufstrainings abhält. Nur deshalb erlaube ich mir, mich an seiner Stelle dieser Szene aus Iron Man zu bedienen. Egal, ob Sie Waffen, Wertpapiere oder Wäscheklammern verkaufen: Dieses irrwitzige Beispiel à la Hollywood verdeutlicht gleich zwei der wichtigsten Strategien, wie man als Redner einen Pflock in den Boden rammen kann.

  1. Stellen Sie Ihre Botschaft in den Kontext einer größeren Geschichte.
  2. Zünden Sie Ihr Feuerwerk schon mit dem ersten Satz. 

Storytelling als Wirkverstärker

Beide Strategien setzen voraus, dass Sie sich schon bei der Vorbereitung in Ihr Publikum hineinversetzen. Warum appelliert der CEO von Stark Industries an den Patriotismus der Generäle, anstatt mit der Reichweite seiner Rakete zu protzen? Warum erzählt er ihnen von der stolzen amerikanischen Tradition präventiver Erstschläge, anstatt das Preis-Leistungsverhältnis hervorzuheben? Warum zielt Tony Stark rhetorisch auf die Magengrube statt aufs Oberstübchen?

Weil er vor allem vor Soldaten steht. Soldaten leben und sterben für ihre Mission – buchstäblich. Auf dieser hochpersönlichen Prinzipienebene überzeugt man Menschen nicht mit Kennzahlen, sondern mit emotional involvierenden Geschichten.

Storytelling hat längst Einzug gehalten in Keynotes, TED-Präsentationen und die Rede bei der Weihnachtsfeier. Wenn es ums Präsentieren von Produkten oder um Fachvorträge geht, herrscht bei vielen Experten, Managern und Vertrieblern aber immer noch der heilige Ernst. Da werden alle Merkmale und Funktionen eines Produkts, alle Gründe für eine Entscheidung im Einzelnen aufgelistet und durchexerziert, bis den Zuhörern die Ohren bluten.

Viele glauben, mit dem Gießkannen-Prinzip würden sie mehr Menschen besser erreichen: Bloß nichts auslassen, dann kriege ich sie alle. Dass wir mehr wirken, je mehr wir sagen, ist jedoch ein Irrglauben. Im Gegenteil: Je mehr wir argumentieren, desto mehr Widerstände bauen sich auf.

Wenn Sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen wollen, ist Storytelling die bessere Strategie: Identifizieren Sie den größeren Kontext, in den Ihre Botschaft oder Ihr Produkt sich für die Zuhörer einordnen lässt. Erzählen Sie ihnen eine Geschichte, in der sie die Helden sind. Und ihr Produkt, Ihre Leistung oder Ihre These ist die Wunderwaffe, mit sie alle Probleme lösen. Kaufen heißt: sich verstanden fühlen.

Mit einer Überraschung beginnen

Wenn Sie rational überargumentieren, verlieren Sie im Laufe des Vortrags immer mehr Zuhörer. Die Mühe können Sie sich sparen, wenn Sie gleich zu Beginn alles falsch machen. Ihre beste Chance, einen Pflock einzurammen, ist nämlich gleich am Anfang des Vortrags: In den ersten Sekunden ist die Aufmerksamkeit der Zuhörer am größten. Viele Redner verpassen diese Gelegenheit, weil sie mit Sätzen wie diesem beginnen: 

„Ich möchte heute über die erweiterte Produktpalette sowie deren Potenzial als Innovationstreiber für die Weiterentwicklung der Telekommunikationsbranche sprechen.“

Ein gutes Beispiel – dafür, wie ein erster Satz auf gar keinen Fall klingen darf. Deshalb hat ihn so auch niemand gesagt. Sondern so:

„Heute erfindet Apple das Telefon neu.“

Gleicher Inhalt, gleiche Aussage, völlig anderer Effekt. Einer, der eines Redeeinstiegs würdig ist: Dieser Satz erzeugt Emotionen. Die Präsentation des ersten iPhones wurde legendär – nicht zuletzt wegen diesem Auftakt.

Viele geniale erste Sätze sind vor allem überraschend – eine unerwartete Wendung gleich zu Beginn. Es gibt eine ganze Reihe von Strategien, um die Zuhörer mit Ihrem ersten Satz zu überraschen: um die Ecke denken, bildhafte Assoziationen, Pointen, Wortwitz und natürlich Storytelling à la Tony Stark. Wenn man das Prinzip einmal verstanden hat, ist es gar nicht so schwierig – und Experimentierfreude wird belohnt.

Formulierungen schärfen

Die größere Herausforderung besteht oft darin, eine gute Idee für den Einstieg (und darüber hinaus) auch sprachlich in einen genialen Auftakt zu gießen. Einige Kriterien können Ihnen dabei helfen: 

  • Ein guter erster Satz ist anschaulich und simpel.
  • Wichtig ist auch der Umfang: so kurz wie möglich, so lang wie nötig.
  • Verwenden Sie maximal konkrete Begriffe, also nicht „Gewürz“, sondern „Zimt“. Warum? Das Wort „Zimt“ aktiviert im Gehirn das gleiche Areal wie – Zimt eben.
  • Wichtig fürs Hörverständnis: Wo immer möglich Verben verwenden, keine Substantivierungen.
  • Auch nicht vergessen: die Adjektiv-Diät. Je weniger, desto besser.
  • Tabu sind Binsenweisheiten und abgegriffene Floskeln wie „Wir haben uns heute hier versammelt, um…“

Wenn diese Kriterien erfüllt sind, ist der erste Satz formal tauglich – und auch jeder weitere Satz, den Sie sagen werden. Investieren Sie Zeit und Kreativität in Ihre Formulierungen. Ihre Worte wirken. Sie entscheiden, wie.

Drei Tipps für einen bleibenden Eindruck

„You never get a second chance to make a first impression“ – das wäre auch ein guter erster Satz für diesen Beitrag gewesen. Gegen einen guten Schluss hat aber auch niemand etwas. Nur müssen die Leute bis dahin erst mal wach bleiben. Deshalb:

  • Rammen Sie gleich mit dem ersten Satz einen Pflock in den Boden, dann ist Ihnen die Aufmerksamkeit bis zum Schluss gewiss.
  • Betten Sie Ihre Botschaften und Argumente in eine Geschichte ein, mit der sich die Helden im Publikum identifizieren können.
  • Machen Sie Ihre Formulierungen scharf wie Sprengköpfe, dann finden sie ihr Ziel wie eine Wärmeleitrakete.
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