Tatort Künzell
Mr. Feedback schlägt wieder zu
Stell Dir vor, Du bekommst ein Geschenk von einem Menschen, den Du bisher gar nicht kanntest. Es ist wunderschön verpackt: Mit Hochglanzpapier, knallbunter Schleife, roten Herz-Aufklebern und in Deiner Lieblingsfarbe. Es kommt noch besser. Am Geschenk hängt eine persönlich an Dich adressierte Glückwunschkarte mit individueller, persönlicher Widmung. Keine der üblichen Floskeln, sondern ein exakt auf Dich zugeschnittener Text. Eine Botschaft, die Dich ebenso überschwänglich wie betroffen macht. Eine Botschaft, die sich wie feinster Stoff an Dich schmiegt und einfach perfekt zu Dir passt. Das Beste entdeckst Du, als Du das Geschenk öffnest. Der Inhalt ist appetitlich, anregend und bereichert Dein Leben. Es ist das erste überragende Geschenk, welches Du jemals bekommen hast. Es stiftet einen klaren Nutzen und irritiert Dich zugleich konstruktiv. Zu schön, um wahr zu sein? Oder bist Du in der glücklichen Lage, solche Geschenke regelmäßig zu erhalten? Dann gratuliere ich Dir von Herzen.
Dazu ein anderer Gedanke: Stell Dir nun vor, diese Metapher erklärt, wie sich hoch-professionelles Feedback anfühlt, das Du übergeben bekommst. Wenn Du beispielsweise auf der Bühne stehst und sich fremde Menschen zu Dir Gedanken machen. Und Dir ein Feedback-Geschenk überreichen.
Aber Achtung: Längst nicht jede Rückmeldung, die Du erhältst, hat diese Qualität. Immer noch werden stattdessen ellenlange Handlungsabläufe mit teilweise vernichtenden Bewertungen überreicht und zu allem Überfluss als Feedback verkauft. Nahezu abenteuerlich, wenn sich Feedbackgeber hinter Lobeshymnen verstecken oder keine konkrete Beschreibung ihrer Gefühle und Emotion zum Erlebten herausbringen. Es wird erfolgreich gestammelt und rekordverdächtig am eigentlichen Thema vorbei reflektiert. Von konkreten Mehrwerten meilenweit entfernt lauscht der Feedbacknehmer schließlich bemüht würdevoll der nicht enden wollenden Aneinanderreihung von Situationsbeschreibungen. Oder ihm wird eine Generalabrechnung überreicht, die sich sprichwörtlich gewaschen hat.
Bis sich schließlich Mr. Feedback zu Wort meldet. Du befindest Dich in einer Clubsession, wo ambitionierte Redner üben, um noch besser zu werden. Nach jeder bejubelten Performance dann das obligatorische Feedback. Spannung liegt in der Luft. Du würdest eine Stecknadel fallen hören können. Was nun passiert, ist Geschichte: Mr. Feedback packt aus, beschreibt treffend, bringt auf den Punkt und interpretiert äußerst inspirierend.
Hätte mir vor vielen Jahren jemand diese textliche Einführung präsentiert, hätte ich ihn vermutlich für verrückt gehalten. Doch – was soll ich sagen? Nun werde ich nach Aussage von Mathias Wald zu »Mr. Feedback«. Eine höchste Auszeichnung, gerade von einem, der täglich Menschen mit hochkarätiger Reflektion beschenkt. Ein Grandseigneur seines Fachgebiets, der es wie kein anderer versteht, Menschen und Ihre Leistungen zu würdigen. Oder ihnen auf wundervolle Weise beschreibt, was sie besser machen dürfen. Ohne jede Scheu, auch kritische Themen offen anzusprechen oder klare Verbesserungsimpulse zu geben.
Genau dieser Magier der Speaker-Entwicklung steht nun also in der Teeküche vor Dir und kreiert eine einzigartige Wortschöpfung: Mr. Feedback. Und er bittet darum, die relevanten Kriterien für diese besondere Art von Rückmeldung in sein Magazin zu bringen. Hier also die wichtigsten Postulate:
Feedback – eine Herzensangelegenheit
Bitte gib nur Feedback, wenn Du den Menschen wirklich aufrichtig helfen und Handlungsimpulse geben willst. Deine Rückmeldung ist wertvoll und bereichernd an den Empfänger gerichtet. Und sie enthält eindeutig wahre, positive Elemente. Jedoch in angemessener Dosierung. Schlicht, schnörkellos, ohne Übertreibung und mit genau der richtigen Menge Würdigung oder Wertschätzung.
Feedback – ein Spiegel der Gefühle
und Emotionen
Bitte beschreibe die konkrete Situation, die Du erlebt hast, kurz und knapp – ein echter Mehrwert für den Feedbacknehmer entsteht erst dann, wenn Du Deine empfundenen Gefühle zu dieser Situation vorbringst. Was hat Dich bewegt? Was wurde in Dir ausgelöst? In welchen Situationen hast Du Dich unwohl gefühlt und warum? Wann war etwas richtig gut und welche positiven Emotionen wurden dadurch bei Dir aktiviert? Welche Dinge würdest Du anstelle des Feedbacknehmers vermeiden oder welche verstärken? Die eindeutige Beschreibung Deiner immer noch subjektiven und damit äußerst berechtigten Wahrnehmung hilft dem Empfänger um ein Vielfaches mehr, als einfache Ablaufbeschreibungen.
Feedback – eine Chance zum
Weiterdenken
Bitte übersetze Deine gewonnenen Eindrücke in den jeweiligen Kontext und denke gerne lautstark über Konsequenzen nach. Positive wie negative. Wenn also bestimmte Verhaltensmuster, konsequent weitergedacht, größere Auswirkungen haben könnten, handelt es sich um hoch-relevante Gedankenspiele. Der Empfänger Deines übermittelten Feedbacks erhält einen erweiterten Zugang dazu, wie das zuvor von ihm dargebotene Verhalten eben auch wirken oder ankommen kann.
Feedback – eine Auswahl der feinsten Früchte
Bitte reflektiere konsequent, welche der Dir aufgefallenen Feedbackpunkte eine hohe Relevanz haben. Sortiere, ordne und strukturiere die Kernbotschaften. Je knackiger Du das frisch zubereitete Feedback gestaltest, umso genussvoller wird es Dein Gegenüber verzehren. Wird zu viel serviert, bleibt unerwünschter Überschuss zurück und kann nicht mehr verarbeitet werden.
Feedback – eine freiwillige
Entscheidung
Bitte überlasse dem Feedbacknehmer, ob er Deine Rückmeldung annehmen möchte. Noch viel wichtiger: Lass ausnahmslos ihn entscheiden, welche Teile elementar oder gebräuchlich sind. Er darf sich nehmen, was für ihn wichtig und wertvoll ist. Nimm Deinen inneren Oberlehrer zurück und genieße, welche Bestandteile angenommen oder gar angepasst werden wollen.
Feedback – eine verantwortungsvolle Aufgabe
Bitte sei im höchsten Maß fokussiert und präsent, wenn Du einen Feedbackauftrag erhältst. Gehe aufmerksam mit allen Beobachtungen und Wahrnehmungen um. Sei wach und achtsam. Wenn es Deiner späteren Feedbackqualität dienlich ist, dokumentiere sorgfältig und liefere sprichwörtlich auf den Punkt.
Wenn Du nun denkst, dass Du Dir zukünftig mehr Mühe mit Deinen Geschenken geben willst, ist das eine sehr gute Idee. Du wirst spüren, wie von Dir beschenkte Menschen ihre Herzen öffnen und tief dankbar sind. Spare nicht an kreativer Umsetzung und leidenschaftlicher Verpackungskunst. Den wahren Unterschied macht jedoch der überreichte Inhalt: Sei der Schenkende mit den krassesten Präsenten.