Christian Buchholz

Neuerfinden.

Die Kernkompetenz für Rednerprofis.

»An dem Tag, an dem Du denkst, Du kannst nicht mehr besser werden, fängst Du an, immer die gleichen Reden zu halten« – dieses etwas abgewandelte Zitat von David Bowie bringt für mich auf den Punkt, wie es ein Redner schafft langfristig erfolgreich zu sein. Insbesondere ein professioneller Redner, der zumindest einen Teil seines Lebensunterhaltes mit Vorträgen verdient, sollte überlegen, diesen Satz zu einer Grundregel zu machen.

Seit vielen Jahren sind Vorträge ein wesentlicher Bestandteil meines Berufs als Innovation Coach und Geschäftsführer des verrocchio Institutes. Ich unterstütze Organisationen dabei, schneller und vor allem bessere Ideen zu entwickeln und diese anschließend auch umzusetzen. Mittlerweile haben wir über 2.000 Projekte in 23 Ländern durchgeführt. Dabei sind Impulsvorträge ein wichtiges Werkzeug, um Menschen zu ermuntern, mit Veränderungen zu beginnen. Viele Erkenntnisse aus dieser langjährigen Erfahrung des Neudenkens und Neuerfindens lassen sich auch auf den Beruf des Redners übertragen. Dabei geht es nicht um das Handwerkszeug eines guten Redners wie Bühnenperformance, Rhetorik oder Storytelling, sondern um die Frage: »Wie werde und bleibe ich interessant für mein Publikum?«

Erst das Problem des Kunden verstehen, dann den Vortrag entwickeln

Der Gedanke der Kundenzentrierung spielt in vielen Unternehmen eine große Rolle, nicht zuletzt durch Methoden wie das populäre Design Thinking. Dabei geht es darum, Ideen zu entwickeln, die eine für den Kunden optimale Lösung beinhalten. Nun würde ich sicherlich nicht Design Thinking als Methode für die Entwicklung neuer Vorträge empfehlen, aber wichtige Grundgedanken lassen sich gut übertragen.

Die Begeisterung des Publikums hängt neben der Qualität des Vortrags auch davon ab, wie gut der Inhalt zur aktuellen Situation der Beteiligten passt. Ich erinnere mich an eine Situation vor vielen Jahren, in der ich bei einem Produktionsbetrieb einen Vortrag zu den Themen »Neue Ideen, Inspiration und New Work« halten sollte.

Ich wurde zuvor von einem anderen Unternehmen empfohlen, bei denen der Vortrag sehr gut angekommen war. Wunschgemäß hielt ich den Vortrag in genau der gleichen Art und Weise, erhielt aber am Ende eine komplett andere Reaktion – keine begeisterten Zuschauer, nur verhaltenes Klatschen, eher betretenes Schweigen. Was war passiert? 

Das Unternehmen hatte wenige Tage zuvor verkündet, dass aufgrund der angespannten Marktsituation eine größere Zahl von Mitarbeitern entlassen werden muss. 

Mit diesem Hintergrund saßen die Mitarbeiter im Publikum und ich sprach in meinem Vortrag freudestrahlend über Inspiration und neue Ideen.Seit diesem Tag führe ich mit jedem Kunden vorab ein intensives Briefing durch, in dem alle aktuellen Themen des Unternehmens angesprochen werden und entwickle erst dann einen passgenauen Vortrag, der diese berücksichtigt.

Relevanz bringt Publikum

Die Währung einer guten Rede ist Aufmerksamkeit, die Voraussetzung dafür ist Relevanz. Relevanz ist die Bedeutsamkeit, die Zuhörer dem Inhalt einer Rede beimessen. Diese ändert sich, zeitweise auch sehr schnell. Wer beispielsweise im Jahr 2019 als Experte für Coronaviren eine Rede über dieses Thema halten wollte, konnte vielleicht mit Glück und etwas Reputation einen Slot auf einem medizinischen Fachkongress erhalten. Einige Monate später, im Jahr 2020 war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er auch als bis dato nur in Fachkreisen bekannter Experte täglich Anfragen nach Interviews und Vorträgen zum Thema Coronavirus erhielt. Genauso schnell schwindet allerdings auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, wenn das Thema nicht mehr relevant erscheint. Dies bedeutet natürlich nicht, dass Sie im Monatsrhythmus Ihr Thema verändern. Aber Sie sollten in regelmäßigen Abständen überprüfen, wie Sie Ihre Expertise an die aktuell relevanten Themen koppeln können. Google Trends (https://trends.google.de) ist z. B. ein gutes Werkzeug, um zu erfahren, was die Menschen aktuell bewegt.

Inspiration – die Ideenquelle für jeden Vortrag

Bereits in der Antike wird Inspiration als unerwarteter Einfall und Ausgangspunkt von künstlerischer Kreativität beschrieben. Auch wir Redner suchen häufig nach dem »Geistesblitz«, der uns den genialen Vortragstitel oder den guten Abschluss der Rede beschert. Mittlerweile kann man durch neurowissenschaftliche Untersuchungen gut nachvollziehen, wie Ideenentwicklung in unserem Gehirn abläuft. Die erste Voraussetzung ist ein tiefes Eintauchen in das Thema z. B. durch Recherche, Bücher, Reisen und Gespräche. Interessanterweise funktioniert die Ideenfindung besonders gut, wenn man danach eine Phase der sogenannten Dissoziation erlebt, also den Fokus wieder von der Aufgabe nimmt.

Wenn ich einen neuen Vortrag entwickle, starte ich mit einer intensiven Recherchephase, mache mir Notizen über Erkenntnisse und Sinnschlüsse. Dann lasse ich das Thema für einige Zeit ruhen und führe eine AMA-Liste (Kreativitätsmethode). Danach steige ich ein zweites Mal in die Bearbeitung ein und entwickle das konkrete Vortragsgerüst. In der Regel vervielfacht das Vorgehen bei mir die Zahl der Einfälle.

Tipp: Wer mehr über konkrete Methoden zur Ideenentwicklung wissen möchte, dem empfehle ich einen Blick in das Florence Innovation Project (https://www.ask-flip. com), unsere (kostenfreie) Sammlung von mehr als 600 Innovationsmethoden.

Die Bühne neu erfinden

In Unternehmen ist bei Innovationsprojekten häufig die Veränderung des Geschäftsmodells ein Thema. Auch die Art und Weise wie Vorträge gehalten werden, hat sich in den letzten Jahren verändert. TED-Talks, digitale Interaktionstools und Onlinekonferenzen sind Beispiele für neue Formate. Auch die Bühnen haben sich verändert und vervielfacht: Neben Youtube, Facebook, und LinkedIn stehen Redner auf Clubhouse und TikTok im Rampenlicht und geben Impulse. Sicherlich ist nicht jeder Channel für jeden Vortragsredner sinnvoll. Falsch ist jedoch, sich auf sein bestehendes Modell zu verlassen und neue Formate zu ignorieren.

Kein Vortrag ohne Fehler

»Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert« – dieser Satz von Colonel John »Hannibal« Smith aus der Serie A-Team kommt sicherlich manchem Redner in den Kopf, wenn er nach einem gelungenen Vortrag von der Bühne geht. Ein großartiges Gefühl, dass sicherlich auch ein Grund dafür ist, diesen schönen Beruf als Redner auszuüben. Auf der anderen Seite kann dies aber auch dazu verleiten, den gleichen Vortrag immer wieder zu halten (dazu hatte David Bowie ja zu Beginn schon eine Meinung). Kontinuierliche Verbesserung ist aber nicht nur in Innovationsprojekten, sondern auch als Redner wichtig. Nehmen Sie sich doch einmal vor, in jedem Vortrag eine neue Idee auszuprobieren. Dies kann eine neue Einleitung sein, eine Interaktion oder eine kleine Änderung im Aufbau. Natürlich passieren dann Fehler (übrigens in der Regel unbemerkt vom Publikum), aber genau diese beinhalten eine Lernchance, die es ermöglicht die Qualität stetig zu steigern.

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