des Bundesverbandes für Medientraining in Deutschland
Köln, 1. März 2023: Mit einem unterhaltsamen Jahresrückblick gewinnt Telekom-Chef Timotheus Höttges den »CEO DIGITAL VIDEO INDEX 2022« des Bundesverbandes für Medientraining in Deutschland (BMTD). Platz 2 belegt der Daimler-Truck-Vorstandsvorsitzende Martin Daum mit einer frei gehaltenen Keynote auf der Messe IAA Transportation. Auf Platz 3 schafft es Covestro-CEO Markus Steilemann, der mit einer leidenschaftlichen Rede digital mehr als das 1.600-Hundertfache an Zuschauenden erreicht als vor Ort. Unter den Top-10 ist auch Helen Giza, die neue CEO von Fresenius Medical Care (Platz 9).
9 von 10 der DAX-40-CEOs nutzten im vergangenen Jahr Social-Media-Videos, um ihre Zielgruppen anzusprechen – ein deutlicher Anstieg. 2019 waren gerade mal 4 von 10 überhaupt auf Social Media aktiv. Dafür gibt es neben gestiegenen Übertragungs-Bandbreiten vor allem zwei Gründe: Zum einen können CEOs mit Videos auf einen Schlag sehr viele Mitarbeitende, Kunden und Entscheider auf der ganzen Welt erreichen. Zum anderen lassen sich Inhalte mittels Körpersprache, Mimik und Sprechweise besonders glaubwürdig vermitteln.
Folglich hat nach dem Startjahr 2021 der Bundesverband für Medientraining in Deutschland mit dem »CEO DIGITAL VIDEO INDEX 2022« zum zweiten Mal die meistgeklickten Social-Media-Videos der DAX-40- CEOs bewertet. Basis bildet ein wissenschaftsbasiertes Bewertungsraster, das sich auf Erkenntnisse der Wahrnehmungsforschung und umfangreiche Praxiserfahrung einer siebenköpfigen Jury stützt (Janine- Stolpe-Krüger, Dr. Katrin Prüfig, Manfred Baumann, Ingo Bosch, Ulrich Grünewald, Stefan Klager und Prof. Dr. Oliver Niebuhr).
Die Jury bewertete die drei Ebenen der Kommunikation – visuell, sprachlich, akustisch – anhand von Fragen wie: Wer nutzt überzeugend Körperhaltung, Gestik, Mimik und Blickkontakt vor der Kamera? Wer vermittelt seine Botschaften klar und verständlich? Und wer punktet mit Stimme und Sprechweise? Die neben stehende Grafik zeigt die Top-10 der DAXCEOs des Jahres 2022.
»Die vier Bestplatzierten reden frei – dadurch wirken sie natürlich und überzeugend«, fasst Ingo Bosch, Vorstandsvorsitzender des BMTD, die qualitative Analyse der CEO-Video-Auftritte zusammen, »viele andere bremsen sich leider durch Ablesen vom Manuskript oder Teleprompter selbst aus.« Das zeige sich in der durchschnittlichen Punktzahl: 190,7 von maximal 300 erreichbaren Punkten böten reichlich Luft nach oben.
Interview: Drei Fragen zu den Ergebnissen an Ingo Bosch, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes für Medientraining in Deutschland.
Kernergebnis der sprachlichen Ebene: Nicht einmal in jedem zweiten Video blieben bei der Jury die gleichen Botschaften hängen. Mögliche Gründe: 26 der CEOs verzichten auf bewährte Mittel wie Storytelling, Metaphern, Beispiele oder Ich-Botschaften. Zudem war nur in Ausnahmefällen eine bewusst gestaltete Inszenierung oder Dramaturgie erkennbar. Wesentliche Ergebnisse der visuellen Analyse: Beleuchtung, Hintergrundgestaltung und Schnittqualität waren im Vergleich zum Vorjahr deutlich professioneller. Für Körperhaltung, Gestik und Mimik der CEOs schwankten die Bewertungen zwischen OK bis sehr gut – ursächlich ist vermutlich die Präsentationsroutine in Meetings und auf Events. Ein signifikantes Problem besteht dagegen bei der Ruheposition der Hände: 9 von 10 der CEOs reiben ihre Finger aneinander, parken ihre Hände in den Hosentaschen oder ballen sie zu Fäusten, was meist als unsicher oder angespannt wahrgenommen wird.
Bei der akustischen Bewertung stellte die Jury einen weiteren auffälligen Punkt fest, der häufig Hand in Hand mit dem erwähnten negativ wirkenden Ablesen geht: Viele der CEOs tragen Schrifttexte vor – gesprochene, gut verständliche Sprache unterscheidet sich jedoch stark davon. Die Analyse von Stimme und Sprechweise wurde mit Hilfe eines Algorithmus des Phonetikers Professor Oliver Niebuhr vorgenommen. Die Besten variieren, reduzieren und inszenieren Vor allem die Top 10 Videos der DAX-40-CEOs enthalten jedoch anschauliche Beispiele, wie man sein Publikum erreichen kann. So variiert der Drittplatzierte, Covestro-CEO Markus Steilemann deutlich Körperhaltung, Mimik sowie Sprechtempo und -lautstärke.
Mit natürlich wirkender Leidenschaft, einer sehr klaren Redestruktur und aufs Wesentliche reduzierten Charts überzeugte Daimler-Truck-Boss Markus Daum die Jury. Und Telekom-CEO Timotheus Höttges schafft es, mit einer wilden Schlittenfahrt einen äußerst unterhaltsamen Jahresrückblick zu inszenieren. Damit verteidigte er klar seinen 1. Platz vom Vorjahr. Dass sein Video nicht nur bei der BMTDJury gut ankam, zeigen zahlreiche Reaktionen von Viewern im Netz.
Frage: Herr Bosch, die Jury aus Medientrainer:innen plädiert dafür, frei zu sprechen und aufs Ablesen von Manuskripten oder vom Teleprompter zu verzichten. Ist das nicht etwas realitätsfremd – CEOs und andere Führungskräfte haben nicht die Zeit, jeden Vortrag stundenlang auswendig zu lernen?
Antwort: Das stimmt, jedoch haben die Unternehmenslenker die wichtigsten Argumente für ihre Vorträge meist im Kopf. Dann wirken sie viel besser, wenn sie mit Stichworten arbeiten – gesprochener Text unterscheidet sich von Schriftsprache! Zudem gibt es Memotechniken. Und wer sich auf das Wesentliche beschränkt, muss weniger abrufen. Gleichzeitig erleichtert dies auch dem Publikum, das Gesendete aufzunehmen.
Frage: Zudem empfehlen Sie den Vortragenden, Gefühle zu zeigen. Das ist in der Wirtschaftswelt nicht grade üblich – und wohl kaum auf Knopfdruck umsetzbar.
Antwort: Das Einfachste ist, selbst erlebte Kurzgeschichten zu erzählen. Beispielsweise um zu belegen, warum das Unternehmen innovativ, nachhaltig oder kundenfreundlich ist. Selbst Erlebtes ist tief im Gehirn verankert, muss nicht auswendig gelernt werden, was sich immer positiv auf Mimik, Gestik und Sprechweise auswirkt. Geschichten wecken Informationen zum Leben, aktivieren beim Publikum Spiegelneurone und Emotionen. Schöner Nebeneffekt: Sie sind von niemanden kopierbar, echte Alleinstellungsmerkmale. Innovativ, nachhaltig und kundenfreundlich zu sein, behaupten ja alle.
Frage: Und wie kann es eine Führungskraft noch schaffen, vor der Kamera natürlich und überzeugend zu wirken?
Antwort: Vielen Vortragenden hilft es, eine Gefühlsdramaturgie vorzubereiten. Also zu definieren, welchen Inhalt transportiere ich mit welcher Emotion, statt nüchtern abzulesen »It was an outstanding year.« Wirkungsvoll kann auch sein, sich durch Erinnerungen, Musik oder Autosuggestion in Stimmung zu bringen – hier haben sich Methoden aus der Leistungssportpsychologie bewährt. Man muss ausprobieren, was persönlich am besten wirkt, es gibt kein Patentrezept. Was häufig sehr gut wirkt, ist sich kurz vor einem Auftritt mit Musik in die passende Stimmung zu bringen