Bist Du noch Corona oder lebst Du schon?

Zurzeit ist alles verboten, was Spaß macht: Kinos und Theater – geschlossen. Restaurants – zu. Konzerte und Messen – abgesagt. Hochzeiten und Geburtstage– verschoben. „O´zopft“ wird frühestens 2021 wieder und Fußball wird gerade auch nicht gespielt.

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich gerade auf meinem Balkon. Das erste Mal seit über zehn Jahren. Ich habe es mir draußen mit meinem Laptop gemütlich gemacht: Blauer Himmel, strahlende Sonne, angenehme 20 Grad. Der junge Vater vom Nachbargrundstück winkt herzlich zu mir rüber. Vor drei Wochen habe ich mich das erste Mal etwas näher mit ihm unterhalten, ein richtig netter Typ. Wir wohnen eigentlich schon seit über drei Jahren Tür an Tür.

Ich bin freie Redakteurin, Autorin und Moderatorin, das bedeutet für mich: Dreharbeiten – abgesagt, Seminare – abgesagt, Moderationsaufträge –  ja genau, abgesagt. Corona ist herausfordernd. Mir wurde einiges genommen, aber auch ganz schön viel Lebensqualität geschenkt:

Wir werden flexibler

Vor wenigen Tagen hatte ich ein Bewerbungsgespräch für einen neuen Auftrag. Als Telefonkonferenz. Bis zum Schluss war ich unsicher: Wie „casual“ darf ich für das Gespräch angezogen sein? Was, wenn doch plötzlich die Videokamera eingeschaltet wird? Es blieb dann aber alles wie abgesprochen. Dem neuen Auftraggeber genügte meine Stimme – und die war scheinbar überzeugend. Den Job habe ich auf jeden Fall bekommen.

Wir rücken digital zusammen

Für Sport oder Yoga bin ich bisher immer außer Haus unterwegs gewesen – jetzt sind es gerade einmal zehn Stufen die Treppe hoch in unseren ausgebauten Dachboden. Zoom Call an und schon habe ich meinen Lieblingstrainer direkt vor meiner Linse – und es macht Spaß und spart viel Zeit. Team-Meetings waren bisher fast nur als physische Treffen vorstellbar, jetzt geht es digital und auch das funktioniert. Sehr gut sogar!

Endlich mehr Zeit für das Wesentliche

Kaufhäuser und Einkaufspassagen sind zurzeit geschlossen! Mit Erschrecken musste ich feststellen, wie viel Zeit ich doch beim Einkaufen verbracht habe. Selbst wenn ich mich daheim immer noch einmal kritisch hinterfragt und etwas gegebenenfalls wieder umgetauscht habe. Es war die pure Zeitverschwendung. Meine Abende und Wochenenden verbringe ich jetzt draußen, in der Natur. Beim Joggen oder Radfahren. Ich genieße die Luft, die Wärme der Sonne, die Farben, das Licht. Die größten Geschenke lagen direkt vor mir – und ich bin achtlos daran vorbeigegangen.

Das gilt übrigens auch für meine Freunde und die Familie: Die Beziehungen zu meinen Mitmenschen sind für mich das Wertvollste in meinem Leben. Das war mir zwar bewusst, aber jetzt umso mehr. Dafür bin ich sehr dankbar.

Wir gehen offener miteinander um

Corona ist nicht die erste „Krisenzeit“, die ich in meinem Leben erfahren darf. Was ich jetzt aber als großen, erleichternden Unterschied erkenne: Wir reden alle offen über das, was uns bewegt und wo wir Hilfe benötigen. Das ist befreiend und erleichternd. Ich wünsche mir, dass wir uns diese Transparenz im Umgang mit uns selbst und den anderen auch für die Zukunft bewahren.

In Deutschland leben ist ein Privileg

Vor ein paar Tagen habe ich mich mit einer Kollegin in Südafrika ausgetauscht. Dort wird seit Wochen überlegt, wie hoch die finanzielle Unterstützung für Selbstständige sein soll, die durch Corona natürlich auch massive Verdienstausfälle haben. Zum Vergleich: Hier in Deutschland habe ich meine finanzielle Unterstützung vom Land innerhalb von zehn Tagen bekommen. Und ich bin kein Einzelfall. Diese schnelle Hilfe verdient auch einfach mal unsere Anerkennung!

We are „coronected“

Und nicht nur mit Südafrika hatte ich Kontakt, auch mit Menschen in den USA und in Kolumbien habe ich gesprochen. Corona betrifft uns alle. Die Welt ist ein großes Dorf. Es gibt kein „die da drüben“, sondern nur ein „wir“. Die globale Verbundenheit wird jetzt für jeden von uns spürbar und das ist großartig!

Druck ist gut

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wir alle bleiben nur zu gerne in unserer Komfortzone stecken. Ich bin hier natürlich keine Ausnahme. Ich sehe diesen gegenwärtigen Veränderungsdruck positiv: Endlich muss ich mich weiterentwickeln! Und wenn Du ehrlich in Dich hineinspürst, weißt Du, dass in dieser Erkenntnis auch für Dich einiges an Wahrheit liegt.

Die Dinge sind nicht so, wie sie sind. Sondern immer das, was wir daraus machen.

Autorin: Tina Tansek

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