Wächst unsere Persönlichkeit, dann wächst auch der Rednerprofi in uns.
Für eine gute Rede braucht es Persönlichkeit. Ich bin Redner. Ich stehe auf der Bühne. Eins weiß ich genau: Meine Information wird von meinem Gefühl getragen. Wenn ich also Angst habe, transportiere ich das. Wenn ich euphorisch bin, spürt dies auch mein Publikum. Je nachdem, was ein Redner erreichen möchte, damit darf er vorausgehen.
Ich selbst stehe seit circa 15 Jahren auf der Bühne. Da spreche ich zu Unternehmen, Mitarbeitern oder auch privaten Personen. Ich bin als Speaker, Trainer und Coach im deutschsprachigen Raum bekannt. Dabei werde ich zu den Top Ten der Persönlichkeitstrainer gezählt und mehrere.
Was wir uns aber alle wünschen, ist die Souveränität und Sicherheit auf der Bühne.
Auszeichnungen zieren mein Regal. Durch diese Tätigkeit kommen immer wieder Menschen zu mir, die von mir lernen wollen, wie sie eine gute Rednerin oder ein guter Redner werden. Sie wünschen sich häufig die drei größten Tipps und geheimen Tricks für die Bühne. Sie fragen mich, welche Rhetorikausbildungen ich alle absolviert habe. Dann kommt meistens meine ernüchternde Antwort – ernüchternd für den Fragesteller: Ich bin Autodidakt. So wie ich auf der Bühne agiere, das bin ich zu 100 Prozent. Ich habe keine langen theoretischen Grundlagenseminare besucht. Was hätte bloß aus mir werden können, hätte ich das getan? 😉 Ich werde auch immer wieder gefragt, was ich gegen mein Lampenfieber tue. Ich hatte es noch nie. Ich kenne es nicht. Wenn es auf die Bühne geht, stecke ich jedes Mal voller Vorfreude.
Wenn es darum geht, eine gute Rede zu halten, können wir an drei Ebenen arbeiten.
Fähigkeiten
Einstellung
Verhalten
Unter Fähigkeiten fällt alles, was wir können. Dazu zählt auch, eine Rede zu planen oder eben eine Rede durchzuführen. Die Einstellung betrifft unser Herz. Darunter verstehe ich, was wir fühlen, wollen und natürlich auch denken. Verhalten ist das, was wir tun. Wir halten eine Rede. Die meisten Menschen, die eine Rede halten wollen, arbeiten an der falschen Ebene. Sie wollen etwas über Methodik lernen, sie trainieren ihre Stimme, sie lernen eine Rede zu strukturieren und andere Fähigkeiten.
Was wir uns aber alle wünschen, ist die Souveränität und Sicherheit auf der Bühne. Sie lässt uns das erreichen, was wir beim Zuhörer bewirken wollen. In unserer westlichen Welt denken wir, diese Sicherheit entsteht durch unsere Fähigkeiten. Doch in meiner Welt ist die Sicherheit in der Einstellungsebene. So kommt zum Beispiel die Stimme von der Stimmung. Unser Charisma ist nach außen gelebtes Selbstbewusstsein. Für mich gilt: Wie innen so außen. Wir tragen stets nach außen, also zu unseren Zuhörern, was in unserem Inneren los ist.
Ich unterscheide beim Lampenfieber zwei Bereiche. Der erste ist die Angst, zum Beispiel vor dem Versagen, der Ablehnung, dem Blamieren oder Ähnlichem. Der zweite ist die Vorfreude. Wenn ein Redner Angst hat, auf die Bühne zu gehen, führen nach meiner Beobachtung selbst tolle positive Erfahrungen nicht dazu, dass er beim nächsten Mal keine Angst mehr hat. Wenn Angst ein Begleiter ist, wird in der Regel die eigene Leistung herabgesetzt. Die eigenen Erfolge werden also nicht gefeiert. Meist pickt sich der Redner den einen Kritiker aus dem Publikum heraus und fokussiert sich auf diesen. Keine theoretische Ausbildung, keine These-Antithese-Synthese – Struktur, kein Körpersprachetraining oder Ähnliches sorgt für Sicherheit auf der Bühne. Die Angst sucht sich meistens ihren Weg. Die beiden akzeptierten Wege gegen die Angst in unserer Welt: Sicherheit durch Ausbildung oder/und Ablenken (z.B. Alexandertechnik). Beides für mich leider nur Symptombehandlung. Doch dazu später mehr.
Mein Grundsatz für eine gute Rede: Ich sorge dafür, dass es mir gut geht. Wenn ich mich darauf freue, eine Rede zu halten, sieht das mein Publikum an meiner Körpersprache und hört es an meiner Stimme. Manche spüren sogar die Energie. So ist meine Empfehlung auf die Frage, was meine drei Tipps für die Bühne sind: Heile deine Angst, dann fühlst du dich sicher. So erreichst du dein Redeziel. Ich weiß, dass jetzt der eine oder andere mit dem Kopf schütteln wird. Wie kann in der westlichen Welt jemand Gefühlen solch eine Wichtigkeit beimessen? Wir brauchen doch Fähigkeiten, Fertigkeiten, Zertifikate – oder auf Neudeutsch »Speakerskills«. Doch genau die erfolgreichen Redner wissen, dass es letztendlich immer um Gefühle geht. Denn sie sind es, die unsere Zuhörer bewegen aktiv zu werden, ins Reden zu kommen oder zu handeln. Wir brauchen immer das Gefühl. Es ist das Transportmittel für unsere Information. Wenn uns nun ein Gefühl, wie z. B. die Angst, im Weg steht, unser (Rede-)Ziel zu erreichen, ist es wichtig, sich diesem zu stellen und die Angst aus der Welt zu schaffen. Zu diesem Zweck habe ich die A-U-A-Methode.
Das ist ein Akronym. Das bedeutet, die Buchstaben sind die Anfänge neuer Worte. Das erste A steht für die Auswirkung. Wenn jemand auf der Bühne einen Blackout hat oder die Knie Beifall klatschen, ist das die Auswirkung. Das U steht für Ursache. Hinter diesem Blackout oder den zitternden Knien steckt die Angst. Viele versuchen gegen diese Angst zu kämpfen, um sie zu beseitigen. Doch es fehlt noch ein A. Das letzte A steht für Auslöser. Was löst diese Angst aus? Dies kann ein limitierender Glaubenssatz, ein Trauma oder eine negative Konditionierung sein. Solange wir den Auslöser mit uns herumschleppen, wird er sich immer wieder Gehör verschaffen. Genau dafür habe ich nach Lösungen gesucht. Denn die meisten Trainings und Coachings arbeiten in der Auswirkungs- oder/und Ursachenebene. Da kommen dann Empfehlungen wie »Stell dir dein Publikum in Unterwäsche vor!« Es kommt jetzt aufs Publikum an, ob das wirklich angenehm ist. Doch in der Regel bin ich dann immer noch nicht in dem Gefühl, welches ich brauche, um meine Redeziele zu erreichen. Es ist eher eine Ablenkung von der Angst, aber eben nicht eine wirkliche Angstheilung.
Letztlich landete ich im Bereich der Hypnose. Ich war fasziniert, in welch kurzer Zeit hier unglaubliche Ergebnisse erreicht wurden. Ich ließ mich ausbilden. Und im Lauf der Zeit erschuf ich meine eigene Art und Weise, um Menschen in nur einem Hypnosecoaching zu ihrem gewünschten Leben mit der gewünschten Lebensqualität zu verhelfen.
Für mich ist eines klar: Die Rednerentwicklung ist stets abhängig von der Persönlichkeitsentwicklung. Wächst unsere Persönlichkeit, dann wächst auch der Rednerprofi in uns.
Viele kennen sicher den Vergleich, dass mehr Menschen Angst davor haben, eine Rede vor einem großen unbekannten Publikum zu halten, als Angst vor dem eigenen Tod. Also lieber in der Kiste liegen, als die Grabesrede zu halten? Meine Wahrnehmung ist, dass wir immer schlechter diskutieren oder streiten können und immer weniger dazu in der Lage sind, Feedback anzunehmen oder qualitativ gut zu geben. All dies hat stets mit unserer Persönlichkeit zu tun. Wir können diese ganzen Techniken der Rhetorik und der Kommunikation lernen – wenn unsere Persönlichkeit uns aber im Weg steht, bekommen wir diese PS nicht auf die Straße. Wahrscheinlich kennt jeder von uns Menschen, die unglaublich kompetent sind, also theoretisches Wissen über z. B. die Rhetorik haben, aber dies nicht anwenden können. Das ist wie eine Flasche voll Wasser. Wenn das Wasser schnell aus der Flasche ausgekippt werden soll, ist der Engpass der Flaschenhals. Wir tragen ganz viel Know-how in uns, und unser Flaschenhals ist ganz häufig unsere Persönlichkeit.
Ich nutze hier oft den Begriff der befreiten Persönlichkeit. Was meine ich damit? Wenn jemand frei im Ergebnis ist, sich also nicht mit seiner Leistung identifiziert, ist er frei. Wenn ich als Redner meinem Publikum gefallen möchte und mir wünsche, dass mich alle lieben, bin ich nicht frei. Wenn ich mir auf der Bühne Gedanken darüber mache, warum mich ein Zuhörer gerade komisch anguckt, mit dem Kopf schüttelt oder den Raum verlässt, bin ich nicht mehr frei. Ich hatte zum Beispiel bei einem Vortrag mal die Situation, dass 10 bis 15 Zuhörer kurz hintereinander den Saal verließen. Ich hatte Spaß, und nach meinem Empfinden der Großteil meines Publikums auch. Als der Vortrag vorbei war, fragte ich meine Frau, die vor der Tür unseren Büchertisch betreute, ob sie etwas mitbekommen habe. Sie antwortete mir, dass es für sie auch komisch war, dass einer nach dem anderen rauskam, obwohl ich noch nicht fertig war. Sie schnappte sich den dritten und sprach ihn darauf an. Die Antwort war so ungewöhnlich wie amüsant. Die letzte Bahn fuhr in 15 Minuten, und all die Leute, die vorzeitig gingen, mussten diesen Zug erreichen. Wenn ich als Redner die früher gehenden Leute persönlich nehme, werde ich nicht mehr in meiner Mitte und nicht mehr in meiner Kraft sein. Mein ganzer Vortrag würde leiden. So knüpfe ich zum Beispiel meinen Selbstwert nicht an meine Leistung. Ich bin nicht meine Leistung. Weder der Applaus noch die Standing Ovations sind persönlich gemeint. Denn mich persönlich kennt kaum ein Zuhörer.